Im Juni 2024 unternahmen wir mehrere Forschungsreisen in unterschiedliche europäische Städte, in denen bedeutende Wozzeck-Erstaufführungen stattgefunden haben. Die Anfang des Jahres begonnenen Arbeiten zu den Akteursgruppen der Opernhäuser und der Dirigenten konnte somit entscheidend vorangebracht werden. Nastasia besuchte zunächst das Stadtarchiv Aachen, wo Wozzeck 1930 erstmals in einer reduzierten Fassung zur Aufführung gelangte. In der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln auf Schloss Wahn sichtete sie anschließend Bühnenbildentwürfe und Fotografien zu verschiedenen frühen Wozzeck-Inszenierungen. Zur selben Zeit nahm Constanze in Prag die skandalträchtige Prager Erstaufführung des Wozzeck 1926 in den Blick, der nach nur drei Abenden abgesetzt wurde. Sie recherchierte Quellen im Archiv des Nationaltheaters, der Musik- und der Theaterabteilung des Tschechischen Nationalmuseums sowie dem Tschechischen Nationalarchiv. Im Anschluss reisten Nastasia und Constanze gemeinsam nach Brüssel. In der Königlichen Bibliothek Belgiens, dem Literaturarchiv, dem Archiv des Théâtre de la Monnaie und dem Stadtarchiv Brüssel sichteten wir sowohl Dokumente zur ersten Aufführung des Wozzeck in französischer Sprache 1932 als auch zum Kontext der geplanten, jedoch nicht realisierten Uraufführung von Lulu 1935. Im Zuge dieser Forschungsreisen wurden nicht nur bereits bekannte Quellen kontrolliert, sondern auch bisher unbekannte Dokumente erfasst, die ein besseres Verständnis des historischen und kulturellen Kontexts der frühen Wozzeck-Aufführungen ermöglichen.
In June 2024, we accomplished several research trips to European cities where significant Wozzeck premieres took place, continuing our work on the group of opera houses and conductors initiated at the beginning of the year. Nastasia’s journey began at the Aachen City Archive, where she explored documents related to the 1930 premiere of Wozzeck in a reduced version. She then visited the Theaterwissenschaftliche Sammlung of the University of Cologne at Schloss Wahn, examining stage designs and photographs of various early Wozzeck productions. Simultaneously, Constanze conducted research in Prague, investigating the 1926 Wozzeck production, which was scandalously cancelled after only three performances. She gathered sources from the National Theatre archives, the Czech National Museum’s music and theater departments, and the National Archives of the Czech Republic. Following their individual research, Nastasia and Constanze traveled to Brussels together. At the Royal Library of Belgium, the Literary Archives, the Théâtre de la Monnaie archives and the Brussels City Archives, we investigated documents on the first French performance of Wozzeck in 1932 and the context of the planned but unrealized premiere of Lulu in 1935. These research trips not only reviewed known sources but also uncovered previously unknown documents, enhancing our understanding of the historical and cultural contexts surrounding early Wozzeck performances.
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Im Mai 2024 ist Constanze Köhn unserem Team beigetreten. Sie wird Annkatrin während ihrer Karenz in den kommenden Monaten vertreten. Herzlich willkommen, Constanze!
Starting in May 2024, Constanze Köhn joined our team. She will be taking over for Annkatrin during her maternity leave over the next few months. Welcome, Constanze!
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Anfang März 2024 war Nastasia eingeladen, an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar einen Vortrag zum Thema "Making of" Symphonische Stücke aus der Oper Lulu zu halten. Dabei wurden Ziele, Methodik und erste Ergebnisse des FWF-Projektes vorgestellt. Der Vortrag fand im Rahmen der „Opernwerkstatt Lulu" statt, einem studentischen Projekt, das eingebettet in ein Seminar unter Leitung von Michael Klaper die künstlerische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bergs Oper Lulu zum Ziel hatte.
In early March 2024, Nastasia was invited to give a lecture at the Conservatory of Music FRANZ LISZT in Weimar on the topic "Making of" Symphonische Stücke aus der Oper Lulu. The project's objective, including its methodology and preliminary results, were presented during the lecture. The presentation was part of the "Opernwerkstatt Lulu", a student project embedded in a seminar led by Michael Klaper. Its aim was to foster both artistic and intellectual exploration of Berg's opera Lulu.
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Beginnend im Oktober letzten Jahres haben wir in den folgenden drei Monaten die umfangreiche Korrespondenz zwischen Alban Berg und seinem Verlag, der Universal Edition Wien, für unsere Edition in den Blick genommen. Augenfällig ist die zentrale Rolle des Verlags im gesamten Herstellungsprozess – er war nicht nur in die Drucklegung der Werke eingebunden, sondern zentraler Akteur etwa in der Verhandlung mit Opernhäusern und Dirigenten, aber auch wichtiger Ansprechpartner für den Komponisten selbst, auch in Bezug auf künstlerische Fragen. Für die Datenbank sind aus der Korrespondenz der Universal Edition mit Berg und weiteren beteiligten Akteur*innen mittlerweile etwa 700 Dokumente für die Datenbank und die Dokumentenbände in Vorbereitung. Daneben haben wir uns Anfang des Jahres weiteren Akteursgruppen zugewandt und arbeiten aktuell an der Aufnahme von Korrespondenzen mit Dirigenten sowie Opernhäusern. Für letztere werten wir zunächst die Überlieferungslage zu jenen Theatern aus, an denen Inszenierungen von Wozzeck und Lulu bis 1935 bzw. 1953 realisiert wurden bzw. auch von jenen Häusern, mit denen die Verhandlungen zu einer Inszenierung gescheitert sind. Archivbesuche in Berlin – wo 1925 Wozzeck und 1934 die Symphonischen Stücke aus der Oper Lulu unter Erich Kleiber uraufgeführt wurden, sowie in Wien selbst, wurden bereits unternommen.
Starting in October last year, we examined the extensive correspondence between Alban Berg and his publisher, Universal Edition Vienna, for our edition over the following three months. What is striking is the publisher's central role in the entire production process—it was not only involved in the printing of the works but also a central actor in negotiations with opera houses and conductors and an important contact for the composer concerning artistic questions. Around 700 documents are being prepared for the database and the volumes.
At the beginning of the year, we turned to other groups of actors and are currently working on correspondence with conductors and opera houses. For the latter, we evaluate the records of those theaters where productions of Wozzeck and Lulu were performed up to 1935 and 1953, respectively, as well as those theaters with which negotiations for a production failed. Archive visits to Berlin—where Wozzeck and the Symphonic Pieces from the opera Lulu were premiered under Erich Kleiber in 1925 and 1934—as well as in Vienna itself, have already been undertaken.
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Am 4. und 5. Dezember 2023 fand der Workshop Musical Practice / Kulturelles Handeln / Musicking statt, veranstaltet von der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung) in Kooperation mit der Alban Berg Stiftung. Am Beispiel von Schlüsseltexten von Andreas Reckwitz, Theodore Schatzki, Susanne Rode-Breymann u. a. wurden praxeologische Ansätze der Sozialtheorie auf ihr Potenzial für die kulturwissenschaftlich ausgerichtete Musikforschung im allgemeinen und ihren Nutzen für unser Forschungsprojekt hin diskutiert. Neben den Referent*innen Annkatrin Babbe, Gesa Finke, Martin Eybl, Nastasia Heckendorff, Susanne Rode-Breymann und Melanie Unseld beteiligten sich auch zahlreiche Gäste an den anregenden Diskussionen. Annkatrin und Nastasia stellten das Forschungsprojekt und erste Ergebnisse vor.
On December 4th and 5th, 2023, the workshop Musical Practice / Kulturelles Handeln / Musicking was held, organized by the mdw – University of Music and Performing Arts Vienna (Department of Musicology and Performing Studies) in collaboration with the Alban Berg Foundation. Working with key texts by Andreas Reckwitz, Theodore Schatzki, Susanne Rode-Breymann, and others, praxeological approaches from social theory were discussed regarding their potential to be applied in culturally oriented music research in general and their benefits for our research project in particular. Alongside the speakers, Annkatrin Babbe, Gesa Finke, Martin Eybl, Nastasia Heckendorff, Susanne Rode-Breymann und Melanie Unseld, numerous guests also participated in stimulating discussions. In addition, Annkatrin and Nastasia introduced the research project and its initial outcomes.
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Am 1. Oktober 2023 hat das Forschungsprojekt „Composing | Publishing | Performing Opera: The Making of Alban Berg’s Wozzeck and Lulu“ die Arbeit aufgenommen. In den kommenden drei Jahren untersuchen wir verschiedene Schritte in der Herstellung der Opern Wozzeck und Lulu und das Zusammenwirken der beteiligten Akteur*innen, darunter Personen aus dem persönlichen und professionellen Umfeld des Komponisten, Mitarbeiter*innen des Verlags und der Opernhäuser.
Die Ergebnisse werden in zwei Dokumentenbänden im Rahmen der Berg-Gesamtausgabe publiziert und komplementierend in der Datenbank der Alban Berg Stiftung veröffentlicht. Ein weiteres Anliegen des Projekts ist die Ausrichtung einer Tagung, deren Beiträge in einem Tagungsband herausgegeben werden.
In einem ersten Schritt nehmen wir die Akteursgruppe der Mitarbeiter*innen der Universal Edition Wien und Selbständige im Dienste des Verlags in den Blick. Bereits nach den ersten Archivbesuchen zeichnet sich die herausragende Rolle des Verlags beim gesamten Herstellungsprozess der Opern – von der Komposition, über die Aufführungen, hin zur Drucklegung – ab.
On October 1, 2023 the research project "Composing | Publishing | Performing Opera: The Making of Alban Berg’s Wozzeck and Lulu" was launched. Over the next three years, we will examine the steps in the genesis of Wozzeck and Lulu through the interaction between the various actors involved, such as individuals from the composer’s personal and professional networks, the publishing house staff as well as employees at the opera houses.
The results will be published in two volumes in the Alban Berg critical edition. In addition, they will be released in the database hosted by the Alban Berg Foundation. Another project objective is to organize a conference and publish the proceedings.
In the initial phase, we focus on the Universal Edition Wien staff and self-employed persons working for the publishing house. After our initial archival research, the publishing house's outstanding role in the operas' entire production process – from composition to performances and printing – is becoming clear.