Rund 3.000 Bücher, Notenbände, Zeitschriften, Broschüren und sonstige Dokumente aus dem 18. bis 20. Jahrhundert umfasst die Bibliothek von Alban und Helene Berg, die am Sitz der Alban Berg Stiftung erhalten ist. Der Kernbestand steht bis heute im originalen, denkmalgeschützten Arbeitszimmer des Komponisten, in dem er auch im Zusammenhang mit der Entstehung seiner Werke intensiv mit diesen Beständen gearbeitet hat. Zahlreiche Bände enthalten umfangreiche handschriftliche Eintragungen und andere Lesespuren, die es von nun an erlauben werden, Berg als Leser genauer kennenzulernen.
Hanna Bertel:
Zwischen Avantgarde und Tradition. Helene Berg und Smaragda Eger-Berg als kontrastierende Künstlerinnen der Wiener Moderne (Vortrag in Englisch)
Helene Berg und Smaragda Eger-Berg waren als Ehefrau und Schwester des Komponisten Alban Berg eng mit ihm verbunden und repräsentieren kontrastierende Rollenmodelle in der Wiener Moderne: Helene Berg war eine Künstlerin und begabte Sängerin, bevor sie kurz vor der Heirat mit Alban Berg ihre Musikerinnenkarriere aufgab. Smaragda Eger-Berg hingegen blieb ihrem Beruf als Pianistin und Korrepetitorin trotz Heirat treu und entfaltete sich nach einer gescheiterten Ehe in ihrer Homosexualität. Beide Frauen waren selbst musikalisch tätig, folgten aber zwei völlig divergenten Lebenskonzepten. Während Smaragda als Freigeist ihren eigenen Lebensweg formte, schätzte Helene die Rolle als Komponistengattin und integrierte sich in die künstlerischen Kreise ihres Mannes.
Der Vortrag verfolgt das Ziel, anhand konkreter Beispiele sowohl die Dimensionen künstlerischer Freiheit und Unabhängigkeit im Leben der beiden Frauen als auch die Restriktionen aufzuzeigen, die sie trotz ihrer unterschiedlichen Lebensentwürfe erfuhren. Die individuellen Aktivitäten als kulturelle Netzwerkerinnen eröffnen zudem neue Perspektiven auf die weibliche Rolle in den sozialen und künstlerischen Netzwerken der Wiener Moderne. Bilder, Briefauszüge und Dokumente aus der Alban Berg Stiftung vermitteln einen lebendigen Einblick in die spezifischen Ausdrucksformen und den Zeitgeist dieser Epoche.
Michael Hagleitner:
Vortrag anlässlich des 50. Todestags von Frank Martin (1890-1974), mit Bild- und Tonbeispielen.
Die Rezeption der Musik Frank Martins hat sich seit seinem Tod gewandelt: Während zu Martins Lebzeiten vor allem die ab 1938, nach seiner Beschäftigung mit der Dodekaphonie, entstandenen Werke Beachtung fanden, wurden in den letzten Jahrzehnten Werke aus Martins erster Lebenshälfte zu seinen meistgespielten Werken.
Der Vortrag widmet sich der Entwicklung von Martins unverkennbarem Personalstil, der Aspekte von Impressionismus, Zwölftonmusik und Neoklassizismus vereint und somit als Synthese der Hauptströmungen der frühen Moderne verstanden werden kann.
Dabei soll eine Brücke von Frank Martins heute meistgespielten (modal geprägten) früheren Werken zur Musik seines Reifestils geschlagen werden, und die Rolle der Zwölftontechnik für diese Entwicklung beleuchtet werden. Der Vortragende wird auch Einsichten präsentieren, die sich ihm durch seine Tätigkeit in der Alban Berg Stiftung erschlossen haben, etwa aus dem Briefwechsel Alban Bergs mit Ernest Ansermet, dank dessen Initiative Martins Heimatstadt Genf „zur reinsten Berg[-]Stadt geworden“ war (Erwin Stein, UE, 1934), was Martins Beschäftigung mit der Dodekaphonie initiierte.
21. November 2024, 18 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Musik, Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Alban Berg. Aufsätze, Vorträge und andere Texte (Alban Berg Sämtliche Werke III/2, vorgelegt von Kordula Knaus unter Verwendung der Vorarbeiten von Julia Bungardt)
Buchpräsentation und Lesung mit Kordula Knaus (Herausgeberin) und Martina Stilp (Lesung)
Donnerstag, 3. Oktober 2024, 18:00 Uhr
mdw, Lesesaal der Universitätsbibliothek, Anton-Webern-Platz 1, 1030 Wien
Anmeldung erbeten bis 1. Oktober 2024 unter office@albanbergstiftung.at, Betreff: Buchpräsentation
Foto: (c) Alban Berg Stiftung
Die Alban Berg Stiftung gedenkt des am 13. März 2024 im 89. Lebensjahr verstorbenen Aribert Reimann. Neben seiner Kammer- und Orchestermusik entfaltete sich sein eng mit der menschlichen Stimme verbundenes Schaffen vor allem in Liedern und Opern, von denen besonders etwa Lear und Medea in Erinnerung bleiben werden.
Als Auftragswerk der Stiftung komponierte Aribert Reimann ein Trio für Violine, Viola und Violoncello (1986/97), das dem Andenken Alban Bergs gewidmet ist.
In Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien – mdw und der Universal Edition Wien schreibt die Alban Berg Stiftung einen Wettbewerb zur Schaffung eines Konzerts für Violine und Orchester aus.
Teilnahmeberechtigt sind Komponistinnen und Komponisten, die nach dem 31. Dezember 1995 geboren sind. Das neu zu schaffende Werk soll Bezug auf das Violinkonzert von Alban Berg haben, insbesondere auch dadurch, dass die Besetzung des Orchesters ähnlich und keinesfalls größer ist. Die Aufführungsdauer soll maximal 25 Minuten betragen.
Einreichfrist: 15. Dezember 2024
Hanna Bertel:
Zwischen Avantgarde und Tradition. Helene Berg und Smaragda Eger-Berg als kontrastierende Künstlerinnen der Wiener Moderne
29. April 2024, 18 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Musik, Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Fotos: Smaragda Eger-Berg (links), Helene Berg (rechts) © Alban Berg Stiftung
Herzliche Einladung zur Buchpräsentation
Daniel Ender
Alban Berg im Bild
Fotografien und Darstellungen 1887-1935
am Sonntag, den 10. März 2024
um 15:00 Uhr
im Bezirksmuseum Hietzing
Am Platz 2
1130 Wien
(direkt bei der U4-Station Hietzing)
Nach der Veranstaltung lädt der Böhlau Verlag zu Brot und Wein.
6. Dezember 2023, 18 Uhr, Österreichische Gesellschaft für Musik, Hanuschgasse 3, 1010 Wien
Die Oper Wozzeck wurde bisher zweimal in einer gedruckten Partitur vorgelegt: 1926, ein Jahr nach der Uraufführung in Berlin, erschien die Partitur in der Universal Edition. Die Erstausgabe wurde im Zuge der ersten Aufführungen umfangreichen Korrekturen und Umarbeitungen unterzogen, die in einer geplanten Neuausgabe der Oper hätten berücksichtigt werden sollen. Erst in den 1950er Jahren erschien die von Hans Erich Apostel nach den hinterlassenen, endgültigen Korrekturen des Komponisten besorgte Ausgabe.
Die vorliegende Edition versucht nicht nur, einen auf sämtlichen verfügbaren Quellen basierenden Notentext vorzulegen, sondern auch visuelle Besonderheiten der Partituranordnung des Autographs so weit wie möglich zu rekonstruieren. Darüber hinaus werden die in der Apostel-Ausgabe nicht übernommenen Ossia-Varianten in den Singstimmen sowie weitere, späte Ergänzungen aus Bergs persönlichem Korrekurexemplar in die Edition aufgenommen.Das Wozzeck-Autograph fasziniert nicht zuletzt aufgrund notationaler Qualitäten, die sich als konkrete Visualisierung musikalisch-dramatischer Vorgänge lesen lassen. Zu nennen wäre hier etwa die Mitführung von Notenzeilen für pausierende Sing- und Instrumentalstimmen in einer Partitur, in der standardmäßig keine „Leerzeilen“ vorgesehen sind.
Eine Besonderheit der Partituranordnung zeigt sich im II. Akt in der Einrückung eines zentral im großen Orchester positionierten Kammerorchesters, durch die nicht nur die optische Zuordnung der Instrumente erleichtert, sondern zugleich der Konflikt zwischen Wozzeck und Marie unmittelbar anschaulich wird. Auch die rote Kolorierung der Bühnenmusik im II. und III. Akt visualisiert eine Differenz, die nicht nur als farblicher „Schmuck“, sondern als Hervorhebung ihrer diegetischen Funktion beobachtet werden kann.